24 Gründe für ein Bedingungsloses Grundeinkommen¶
An dieser Stelle wollen wir in den nächsten Tagen 24 Gründe für ein Bedingungsloses Grundeinkommen vorstellen. Jeden Tag eines. Beginnen wir mit
01 Ein BGE ermöglicht Solidarische Wirtschaft¶
Viele Menschen arbeiten heute schon in gemeinnützigen, solidarischen Projekten. Sie schreiben oder ergänzen Wikipedia Artikel, sie entwickeln Freie Software, sie engagieren sich bei Feuerwehr und Rettung, helfen in sozialen Projekten, designen nützliche Dinge für 3D Druck oder Vorlagen für Laser-Cutter, etc, etc, etc…
Die Menschen tun diese aus verschiedenen Gründen. Weil es ihnen Spaß macht und weil sie deutlich mehr Sinn in diesen Projekten sehen als in dem was sie in ihrem Brotberuf tun. Tatsächlich funktionieren diese Bereiche oft besser und sind meist tatsächlich viel Sinnvoller als das was in kommerziellen Projekten gemacht wird.
Viele Menschen können es sich aber nicht leisten das zu tun und müssen ihre Zeit in oft sinnlosen Bullshit-Jobs verschwenden. Ein Grundeinkommen würde allen Menschen die Möglichkeit geben an gemeinwirtschaftlichen Projekten mitzuarbeiten. Und da Zusammenarbeit deutlich effizienter ist als Konkurrenz und da die Menschen, die eine Tätigkeiten gerne machen, diese meist auch besser machen hätte so eine Wirtschaft auch das Potential kommerzielle Produktion zu verdrängen. So wie seit der Existenz von Wikipedia kaum noch kommerzielle Lexia verkauft werden.
02 Hilft gegen Prekarisierung und Existenzangst¶
Die Zeiten in denen Menschen ein Leben lang ihren fixen Job hatten sind längst vorbei. Die Arbeitswelt ist ständig im Umbruch. Das ist nicht immer schlecht, denn Menschen suchen manchmal durchaus auch oft selbst gerne neue Herausforderungen, aber sehr oft leiden die Menschen unter der ständigen Unsicherheit. Eine Firma die heute noch gut geht baut morgen möglicherweise schon Stellen ab. Ein Standort wird von einem Tag auf den anderen ans andere Ende der Welt verlagert. Mit den vor uns stehenden Umwälzungen durch die Digitalisierung wird sich das alles noch deutlich verschlimmern. Anstellungsverhältnisse, wenn auch unsicher sind dabei oft noch relativer Luxus: In Gig Econnomy und Plattform-kapitalismus müssen sich Viele von uns von einem Auftrag zum nächsten kämpfen.
Würde ein Grundeinkommen prekäre Arbeitsverhältnisse beseitigen? Nein, aber unser Leben wäre nicht länger prekär: Mit einem gesicherten Grundeinkommen wäre es kein Problem mehr wenn neue Aufträge mal ausbleiben. Das Leben wäre dennoch gesichert und ohne den Druck der Existenzangst könnten wir der geforderte Flexibilität dann vielleicht auch durchaus auch positive Seiten abgewinnen.
03 Ein BGE bündelt unsere Kräfte in sozialen Kämpfen¶
Unsere sozialen Errungenschaften haben wir uns erst erkämpfen müssen. Der Anspruch auf Urlaub, das freie Wochenende, die zeitliche Limitierung des Arbeitstages oder das Verbot von Kinderarbeit sind uns nicht von alleine zugeflogen, sondern mussten und müssen von uns erkämpft werden.
Hätten wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen, und wäre es Anfangs auch noch niedrig dann hätten wir mit einem Schlage sehr viele Menschen hinter dieser Forderung: Student:innen, Pensionist:innen, Scheinselbständige, Crowd-Worker:innen und letztlich auch die Menschen die jetzt einer traditionellen Lohnarbeit nachgehen, denn auch die profitieren davon wenn sie durch ein höheres BGE bessere Verhandlungsbedingungen gegenüber den Arbeitgeber:innen haben.
Idealerweise hätten wir so etwas wie Solidarität: Dass die Menschen auch für die Forderungen kämpfen die sie nicht unmittelbar selbst betreffen. Aber mit einer Forderung die uns dann alle betrifft ist es wohl deutlich leichter zu kämpfen.
Ein BGE Verbreitert die gewerkschaftliche Kampfbasis! Gemeinsam für ein gutes Leben für Alle!
04 Ein BGE garantiert gute Arbeitsbedingungen¶
Mit einem Grundeinkommen in ausreichender Höhe hätten wir alle die Möglichkeit einen Job der keine angenehmen Arbeitsbedingungen bietet und der nicht ausreichend gut bezahlt wäre zu kündigen. Das bedeutet die Firmen müssten sich tatsächlich überlegen wie sie dafür sorgen dass die Arbeitsbedingungen angenehm sind. Menschen würden in den Firmen mit mehr Selbstbewusstsein auftreten um Missstände anzusprechen und das würde wohl auch helfen mehr demokratische Mitbestimmung in den Betrieben zu ermöglichen.
Gerade aus diesem Grund sollte die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen auch für Gewerkschaften eine Selbstverständlichkeit sein. Letztlich wäre das wohl auch für die Arbeitgeber gut: Wer gerne arbeitet und damit motiviert ist ist auch kreativer und produktiver.
05 Umverteilung von Oben nach Unten¶
Die Reichen werden reicher die Armen werden ärmer. Es ist in jedem Falle wichtig da gegenzusteuern. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen in ausreichender Höhe ist nur mit entsprechend hohen Steuern zu finanzieren. Steuern in einer Höhe wie sie wohl nur die Reichen und die großen Konzerne bezahlen können. Umgekehrt nutzt ein Grundeinkommen genau denen am meisten die jetzt am wenigsten haben. Ein Grundeinkommen ist daher in jedem Falle eine massive Umverteilung von Oben nach Unten. Wer könnte da etwas dagegen haben? Ideal wäre hier natürlich vor allem auch ein globales Grundeinkommen, denn Reichtum und Armut sind vor allem auch geografisch sehr unterschiedlich verteilt.
06 Von Schande Befreit - Grundeinkommen ohne Bedürftigkeitsprüfung¶
Die sozialen Leistungen die Menschen heute erhalten sind immer an die Bedingung der Bedürftigkeit geknüpft. Damit werden die Menschen die diese Leistungen beziehen gleichzeitig auch stigmatisiert. Oft schämen sich die Bezieher:innen sogar dafür. Sie haben das Gefühl keine vollwertigen Mitglieder der Gesellschaft zu sein weil sie spezielle Unterstützung brauchen. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen würde diese Demütigung beenden. Ein Grundeinkommen bekommen Alle - einfach so fürs Mensch sein. Siehe auch: Von Schande Befreit. Eindrücke vom ersten Kongress zum Grundeinkommen in Wien 2005
07 Eine motivierende positive Utopie¶
In den zermürbenden Abwehrkämpfen gegen den Neoliberalismus haben viele Menschen die Hoffnung auf ein besseres Leben aufgegeben und sind schon froh, wenn sie ihren (meist immer schlechter bezahlten) Job gerade noch behalten. Dagegen bietet ein bedingungsloses Grundeinkommen wieder eine positive Utopie. Etwas für das es sich lohnt zu kämpfen anstatt nur immer nur gegen etwas zu kämpfen.
Utopien gaben es am Beginn der Arbeiter:innenbewegung noch, doch sie sind uns heute oft abhanden gekommen.
Wie auch Srnicek und Williams in ihrem Buch “Inventing the Future: Postcapitalism and a World Without Work” (Die Zukunft erfinden -Postkapitalismus und eine Welt ohne Arbeit ) darlegen, wir brauche wieder positive Utopien und universal geltende Rechte.
08 Hilft den Status-Quo in Frage zu Stellen¶
Viele Menschen können sich gar keine andere Welt mehr vorstellen. Sie denken dass es keine Alternativen gibt zu dem wie die Welt organisiert ist, oder zumindest keine wünschenswerten. Alleine schon die Idee eines Grundeinkommens zu diskutieren hilft dabei den Status-Quo in Frage zu stellen. Wie könnte das Leben aussehen wenn das Überleben nicht an Erwerbsarbeit gekoppelt wäre? Was könnten wir nicht alles nützliches tun? Welche Produkte und Dienstleistungen brauchen wir eigentlich wirklich? Wie viel sinnlose und schädliche Jobs gibt es? Warum ist der gesellschaftliche Reichtum so ungleich verteilt? Warum müssen wir ständig auf weiters Wachstum setzen? Wie könnte eine solidarische Wirtschaft aussehen? Wie können wir ökologisch, nachhaltig leben?
Alles Fragen die aufgeworfen werden sobald wir ernsthaft über ein Grundeinkommen nachdenken. Das heißt: nicht nur das Grundeinkommen ist wichtig: Alleine schon die Idee davon und die Diskussion darüber ist hilfreich! Es ist nicht so, dass ein Grundeinkommen all diese Probleme automatisch lösen würde, aber es schafft Raum um für Alternativen und alleine damit, dass plötzlich eine “andere Welt möglich” wird, wird sie auch denkbar und die Unterschiede zum Status-Quo werden offensichtlich.
09 hilft gegen Bullshit Jobs¶
»Bullshit Job« ist ein von David Graeber geprägter begriff für sinnlose und nutzlose Jobs. Graeber sah darin vor allem die vielen nutzlosen Jobs in den Bürokratien großer Konzerne. Heute sind allerdings ganze Branchen und Sparten damit beschäftigt Nutzloses und Schädliches zu produzieren. Denken wir an die Werbebranche: Sie hat nur ein Produkt: Unsere Unzufriedenheit. Dann die geplante Obsoleszenz: Viele Produkte sind unnötig kurzlebig und haben Sollbruchstellen. Oder eine Patentanwält:in arbeit den ganzen Tag daran etwas das sinnvollerweise so breit wie möglich geteilt wird (Wissen) per Gesetz künstlich rar zu machen. Rüstung und Krieg, Finanz»produkte«, etc. Rechnen wir den ökologischen Fußabdruck mit ein sind heute wohl sehr viele Jobs eher schädlich als nützlich.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde zwar nicht automatisch alle Bullshit Jobs beseitigen, aber es würde dabei sehr helfen: Da dann weniger Menschen arbeiten würde Arbeitskraft entsprechend teurer und damit hätten wir weniger Druck künstliche Knappheit zu schaffen. Auf der anderen Seite garantiert das Grundeinkommen dass immer genügend Kaufkraft für alle notwendigen Grundbedürfnisse da ist. Daneben bedürfte es sicherlich auch noch weitere gesetzlicher Maßnahmen: z.B.: ein Werbeverbot. Ein Werbeverbot wäre heute schwer umsetzbar weil wir sofort alle Menschen die auf diese Jobs angewiesen sind gegen uns hätten. Mit einem Grundeinkommen wäre niemand gezwungen einem Bullshit-Job nachzugehen.
10 Unbezahlte Arbeit wird endlich auch bezahlt¶
Sehr viel Arbeit die heute geleistet findet außerhalb des Bereiches der Lohnarbeit statt und wird sehr oft gar nicht bezahlt. Denken wir an Hausarbeit, Erziehung und vor allem auch häusliche Pflege. Diese Arbeit wird heute sehr oft von Frauen geleistet und ist meist unbezahlt. Oft ist diese Arbeit auch bedingungslos - sie muss geleistet werden weril sie sehr oft existentiell ist: Ein Kind das hunger hat braucht essen und kranke Angehörige brauchen Pflege. Ein Grundeinkommen würde hier zumindest etwas mehr Gerechtigkeit schaffen - weil wir alle bezahlt werden.
Oft wird gefragt: Wer würde mit einem Grundeinkommen denn dann noch arbeiten? Dabei ist es doch so, dass heute viel Arbeit ohne Einkommen geleistet wird und diese Arbeit wird sehr oft übersehen.
Siehe auch: Youtube: Margit Appel - Der Sektor der Bedingungslosigkeit
11 Einzige Antwort auf Digitalisierung¶
Von der Digitalisierung haben alle schon gehört aber viele Menschen unterschätzen welche radikalen Umbrüche hier in den nächsten Jahren auf uns zukommen werden. Selbstfahrende Autos werden sehr bald alltäglich sein. In wenigen Jahren wird es sich keine Logistikfirma und kein Taxiunternehmen leisten können menschliche Fahrer:innen anzustellen. Wie viele Tätigkeiten sind deutlich weniger komplex in als das Lenken eines Fahrzeuges? Wer braucht noch Callcenter Mitarbeiter:innen in Zeiten von Alexa und Siri? Auch Tätigkeiten, die vor kurzem noch als typisch Menschliche Domäne angesehen wurden sind nicht sicher: Musik komponieren, Emotionen und Kreativität. Seht euch dazu doch das Video von Humans need not Apply an.
Gerade in den letzten Monaten hat die KI riesige Fortschritte gemacht. Sucht mal nach GPT-3.
Viele Menschen denken noch immer der Umbruch durch Digitalisierung wäre vergleichbar mit den technologischen Umbrüchen die wir zuvor hatten und dass die Jobs die in einem Bereich wegfallen werden in einem anderen Bereich wieder entstehen würden. Dem ist aber nicht so. Selbst in der IT bangen viele Kolleg:innen heute um ihre Jobs weil vieles heute in die Cloud verlagert wird. Alleine aus ökologischen Überlegungen können wir es uns nicht leisten künstliche Bullshit-Jobs zu schaffen.
Es ist jedenfalls sehr wahrscheinlich dass KI in den nächsten Jahren zu einer enormen Automatisierungswelle führen wird. Das kann entweder in Massenarbeitslosigkeit und Dystopie münden oder es kann für uns Alle ein goldenes Zeitalter anbrechen. Bereits jetzt ist die Produktivität so hoch dass viele der Jobs nur noch Bullshit Jobs sind. Wir brauchen jedenfalls eine Möglichkeit den geschaffenen gesellschaftlichen Reichtum allen Menschen zugänglich zu machen. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen ist dafür das einzig realistischerweise geeignete Projekt.
12 bringt ein neues Verständnis von Arbeit¶
Wenn heute von Arbeit gesprochen wird dann assoziieren die meisten Menschen das sofort mit Lohnarbeit. Dabei gibt es einerseits z.B. viel unbezahlte Arbeit die im Haushalt und in der Pflege geleistet wird und dann noch sehr viel Ehrenamtliche Arbeit. Menschen entwickeln freie Software und produzieren Kunst und Kultur oder sind einfach nur für ihre Mitmenschen da. Vieles davon ist oft anstrengender als eine klassische Lohnarbeit und vieles ist auch deutlich wichtiger und nützlicher für unsere Gesellschaft.
Die Diskussionen, die mit der Forderung nach der Einführung eines Grundeinkommens einher gehen, werden helfen hier den Begriff der Arbeit neu zu denken.
13 hilft gegen Klimawandel¶
Um den CO2 Aussstoß zu senken ist ein sehr Massiver Umbau unserer Wirtschaft notwendig. Insbesondere in allen CO2-intensiven Bereichen werden Arbeitsplätze abgebaut werden müssen. Angesicht der vielen Bullshit-Jobs ist das Potential für Einsparungen sehr groß. Da und dort wird es wohl neue Jobs in Bereichen grüner Technologien geben, aber insgesamt werden sehr viel Arbeitsplätze eingespart werden:
Wir brauchen Produkte die länger halten und ein weitgehendes Werbeverbot. Mit viel mehr Freizeit ist es dann aber auch im privaten Bereich leichter möglich Klima-schonend zu Leben. Warum nicht selbst Tomaten züchten? Mit viel Freizeit ist es auch kein Problem mit dem Fahrrad ans Meer zu fahren und der gesamte Bereich der Freizeitindustrie wird obsolet. Umgekehrt könnte die Besteuerung von CO2 direkt als Beitrag zur Finanzierung eines Grundeinkommens genutzt werden.
14 durchbricht die Wachstumslogik¶
Die Wachstumslogik ist im Kapitalismus tief verwurzelt: Die Kapitalist:innen die ihr Kapital vermehren wollen müssen das meiste davon re-investieren damit werden neue Industrien gebaut.
Da unsere Grundbedürfnisse mit relativ wenig Aufwand abgedeckt werden können, erzeugt das Wachstum immer mehr unnützes Klumpert mit den dazugehörigen Bullshit-Jobs. Mit einem Grundeinkommen, das hoch genug ist so dass viele Menschen es vorziehen keiner Lohnarbeit mehr nachzugehen, kann auch weniger Unnützes produziert werden. Kapitalist:innen haben natürlich weiterhin Motivation künstlichen Bedarf zu schaffen aber die Möglichkeiten dazu sind immerhin etwas eingeschränkt. Entsprechende Steuererhöhungen sollten dafür sorgen, dass überschüssiger Gewinn zur Aufstockung des Grundeinkommens und nicht zur Exzessiven Investitionen benutzt werden können.
15 bringt fairere Löhne¶
Viele sehr anstrengende und unangenehme Tätigkeiten sind heute sehr schlecht bezahlt obwohl sie wichtig für die Gesellschaft sind. Ganz abgesehen davon dass sehr viel Arbeit im häuslichen Bereich gar nicht bezahlt wird. Ruhige Bürojobs sind dagegen oft vergleichsweise gut bezahlt. Mit einem Grundeinkommen würden die anstrengenden und unangenehmen Tätigkeiten besonders gut bezahlt werden müssen, denn ansonsten würden die Menschen sie nicht machen. Das bringt mehr Fairness ins Lohnschema.
16 vermittelt ein anderes Menschenbild¶
Wenn wir uns als Gesellschaft dazu entschließen jedem Menschen ein gesichertes Leben zu ermöglichen dann vermitteln wir damit auch ein anderes Menschenbild: Wir vermitteln dass jede:r alleine schon durchs Mensch sein ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft ist. Mit diesem Vertrauensvorschuss den wir alle erhalten wird sich umgekehrt auch das Bild der Menschen von der Gesellschaft verändern. Es ist nicht mehr ein Feld des Kampfes ums Überleben sondern plötzlich etwas das Sicherheit und Geborgenheit vermittelt. Das motiviert sicherlich viele dazu sich dem Vertrauensvorschuss würdig zu erweisen und ihr bestes für die Gesellschaft zu geben. So haben wir eine positive Rückkopplung die unsere Gesellschaft und die in ihre lebenden Menschen positiv verändert.
17 ermöglicht persönliche Entfaltung¶
Was würdest du tun wenn dein materiellen Bedürfnisse abgesichert wären? Ein altes Haus renovieren? Ein Instrument lernen und eine Band gründen? Tomaten züchten? Ein Studium absolvieren? Ein Open-Source/Free Software Projekt angehen?
Viele Menschen würden gerne etwas anders in ihrem Leben machen, aber in den zwängen des Alltags zwischen Familie und 40-Stunden-Job bleibt keine Zeit um etwas grundsätzlich anders zu machen: größere Projekte lassen sich da nicht verwirklichen. Die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommen könnte ein gigantisches Potential an persönlicher Kreativität und Initiative freisetzen und das letztlich zum Nutzen von uns allen.
18 schafft Spielraum um gesellschaftliche Problem zu lösen¶
Oft wird von Kritiker:innen des Grundeinkommens gesagt das ein Grundeinkommen dieses oder jenes Problem nicht lösen kann. Das stimmt oft auch, aber ein Grundeinkommen muss nicht alle Probleme lösen. Wir hören ja auch nicht auf für Lohnerhöhungen oder Arbeitszeitverkürzungen zu kämpfen nur weil diese Maßnahmen auch nicht alle Probleme Lösen.
Was ein bedingungsloses Grundeinkommen aber sehr wohl leistet ist, dass es den eine Spielraum schafft innerhalb dessen Probleme angegangen werden. Z.B: der grundlegende Umbau unserer Wirtschaft, der nötig ist um den Klimawandel abzuwenden ist sehr massiv und viele Menschen würden um sich sorgen Machen wenn plötzlich ihre Berufssparte aufgelassen wird. Mit einem Grundeinkommen wäre aber bei allen notwendigen Verschiebungen immer gewährleistet, dass wir alle ein gutes Leben hätten. Diese Sicherheit ist Grundvoraussetzung dafür, dass die Menschen diesen Veränderungen ohne Ängste angehen können.
Ebenso wird ein Grundeinkommen nicht automatisch alle anderen Gesellschaftlichen Probleme lösen - aber mit der bedingungslosen Absicherung unser aller Lebensgrundlage ist es deutlich leichter Veränderungen anzugehen.
19 ermöglichst eine Transformation der Gesellschaft¶
Im täglichen Alltagstrott erscheint es vielen Menschen unrealistisch oder sogar unmöglich dass wir unser Gesellschaft ganz anders organisieren. Vielen erscheint die Idee von grundlegenden Veränderungen auch eher als eine Bedrohung. Wenngleich auch erkannt wird dass vieles heute nicht optimal läuft fürchten sich viele davor, dass alles noch schlechter werden könnte.
Ein Grundeinkommen würde diese Situation extrem verbessern: Mit einem Grundeinkommen wären die Grundbedürfnisse für Alle gesichert und damit wäre die Angst vor grundlegenden Veränderungen schon genommen. Die Möglichkeit neben einer traditionellen Lohnarbeit auch alternative Wirtschaft zu betreiben ermöglichst es uns an dieser Transformation mitzuwirken: Gemeinschaftsgärten, Commons-Basierte Produktion, die Entwicklung Freier Software, Forschung oder die Produktion von Kunst und Kultur kann plötzlich auch frei von kommerziellen Zwängen organisiert werden und das ganz ohne große zentrale Politik sondern ganz individuell und basisdemokratisch.
Ein Grundeinkommen hat damit enormes emanzipatorisches Potential.
20 beendet die schikanöse Behandlung von Arbeitslosen¶
Die meisten »Kurse« die vom Arbeitsmarktservice (AMS) angeboten werden haben kaum den Zweck den Menschen vernünftige Kenntnisse zu vermitteln sondern existieren aus zwei Gründen: Erstens um die Statistiken zu schönen (Die Menschen gelten dann nicht als arbeitslos sondern als »in Ausbildung« ) aber vor allem dazu die Menschen zu schikanieren um sie dazu zu nötigen zu möglichst schlechten Bedingungen eine Lohnarbeit anzunehmen. Das bringt den Unternehmen billige Arbeitskräfte. Wie fast immer, macht die Politik hier das was den Konzernen nützt.
Ein Grundeinkommen würde diese erniedrigende Behandlung von Arbeitslosen beenden. Mit der finanziellen Sicherheit die ein Grundeinkommen bietet würden sicher viele Menschen die Chance wahrnehmen sich weiterzubilden, in diesem Falle aber selbstbestimmt und ganz sicher mit Sinnvollerem als das was das AMS zu bieten hat.
21 Weil das Gießkannenprinzip treffsicherer ist¶
Kritiker:innen des Grundeinkommens argumentieren oft dass es doch besser wäre Sozialleistungen zielgerichtet zu vergeben. Das ist natürlich solange wichtig solange insgesamt nur sehr wenig Leistungen vergeben werden, dann muss zumindest gewährleistet sein, dass die, die es am allerdringendsten benötigen etwas bekommen. Aber selbst in einem engmaschigen sozialen Netz (und davon sind wir weit entfernt) gibt es immer wieder Menschen die durchfallen weil keine der so zielgerichteten Förderungen zutrifft oder weil Menschen sich im bürokratischen Dickicht nicht zurecht finden oder weil sie zu stolz sich um Hilfe zu beantragen.
Jemand will eine Auszeit für Bildung nehmen bekommt das aber nicht gefördert weil man/frau schon zu alt ist? Etc, ..
Das Gießkannenprinzip des Grundeinkommens garantiert dass niemand durch die Maschen des sozialen Netzes rutscht. Natürlich wird es immer auch spezielle Bedürfnisse geben die nicht mit einem Grundeinkommen abgedeckt sein können und niemand will diese abschaffen. Dass aber Alle etwas bekommen garantiert dass die die es am nötigsten haben (Weil sie bis jetzt am wenigsten hatten) davon am meisten profitieren. Auch der Sohn oder die Tochter des/der Multimillionär:in hat Anspruch auf ein Grundeinkommen - aber dafür muss Mamma oder Pappa auch ein vielfaches an Steuern zahlen. Das ist eindeutig gerechter als wenn die Kinder das komplette Vermögen der Eltern steuerfrei erben würden.
22 unser Tun nicht mehr primär an ökonomischen Interessen ausrichten¶
Wer vom Grundeinkommen leben kann braucht sein Tun nicht mehr primär an ökonomischen Interessen ausrichten und kann das machen was er/sie für richtig und gut hält. Auch wer weiter einer Lohnarbeit nachgeht muss sich nicht mehr so stark an den Interessen des Arbeitgebers ausrichten, denn immerhin ist es viel leichter jederzeit zu kündigen.
Vielen Menschen fällt es gar nicht mehr so auf wie sehr alles und jedes in unserer Welt ökonomischen Interessen untergeordnet ist. Vielen Artikeln von Journalist:innen ist anzumerken dass viele Absätze ohne Inhalt sind und nur das Papier füllen sollen. Die dazugehörigen Überschriften sind dann meist Clickbaits. Betroffen sind aber nicht nur Zeitungen und Medien sondern jegliche unsere gesamte Kultur. Adorno hat diese Entwicklung gut analysiert. Er spricht von Kulturindustrie.
Es gibt nichts Richtiges im Falschen und ein Grundeinkommen, aber ein Grundeinkommen wäre eine gute Möglichkeit hier gegenzusteuern und Räume zu schaffen, in denen der Profit nicht mehr die Motivation für unser Tun darstellt.
23 ermöglicht Auszeiten¶
Viele Menschen würden sich mit einem Grundeinkommen wohl sinnvolle Tätigkeiten jenseits der Lohnarbeit suchen andere werden es bevorzugen weiter in einer konventionellen Lohnarbeit tätig zu sein. Mit einem Grundeinkommen ist es dann aber leichter sich davon eine Auszeit zu nehmen. Zur Erholung und um über das Leben zu reflektieren. Das schützt vor Burnout und hilft wieder Kraft zu Tanken. Damit ist eher garantiert dass diejenigen die in einer Lohnarbeit sind dort auch tatsächlich motiviert und produktiv sind und alleine dieser Effekt könnte eine deutlich höhere Produktivität bringen.
24 Greift den Kapitalismus im seinem Kern an¶
Manchen Linken ist ein Grundeinkommen zu wenig »revolutionär«. Dabei haben wir in den obigen Punkten gesehen, dass ein BGE durchaus das Potential hat die Gesellschaft in Richtung Kommunismus zu transformieren. Ein Grundeinkommen hebelt den grundlegendsten Mechanismus des Kapitalismus aus. Was ist dieser Mechanismus? Viele denken es sei das Geld. Aber Geld ist nur das Schmiermittel. Eher schon ist es das Kapital und das ist meist nicht in Form von Geld vorhanden sondern in Form von Eigentum an Fabriken und anderen so genannten Produktionsmitteln. Wenn wir genauer hinsehen ist es auch nicht das Kapital sondern das Kapitalverhältnis: Dass diesem Eigentum an Produktionsmittel auf der einen Seite eine Menge von Menschen gegenüberstehen die nichts andere zu verkaufen haben als ihre Arbeitskraft. Genau diese Verhältnis erlaubt es den Kapitalist:innen die Arbeitskraft zu Kaufen und diese dann in Mehrwert zu verwandeln. Das ist der Kern des Kapitalismus und genau hier setzt das Grundeinkommen an: Es verändert den zweiten Teil dieser Gleichung: Menschen sind plötzlich nicht mehr genötigt ihre Arbeitskraft um jeden Preis zu verkaufen und damit wird augenblicklich auch das Kapital der Kapitalist:innen entwertet: Es ist nicht mehr so einfach es zu vermehren. Sehr schön wird das in einer Fußnote im ersten Band Kapital ausgedrückt:
“Zunächst entdeckte Wakefield in den Kolonien, daß das Eigentum an Geld, Lebensmitteln, Maschinen und andren Produktionsmitteln einen Menschen noch nicht zum Kapitalisten stempelt, wenn die Ergänzung fehlt, der Lohnarbeiter, der andre Mensch, der sich selbst freiwillig zu verkaufen gezwungen ist. Er entdeckte, daß das Kapital nicht eine Sache ist, sondern ein durch Sachen vermitteltes gesellschaftliches Verhältnis zwischen Personen. Herr Peel, jammert er uns vor, nahm Lebensmittel und Produktionsmittel zum Belauf von 50.000 Pfd. St. aus England nach dem Swan River, Neuholland, mit. Herr Peel war so vorsichtig, außerdem 3.000 Personen der arbeitenden Klasse, Männer, Weiber und Kinder mitzubringen. Einmal am Bestimmungsplatz angelangt, “blieb Herr Peel, ohne einen Diener, sein Bett zu machen oder ihm Wasser aus dem Fluß zu schöpfen”. Unglücklicher Herr Peel, der alles vorsah, nur nicht den Export der englischen Produktionsverhältnisse nach dem Swan River!”
Dass das Grundeinkommen den Kapitalismus in seinem Kern angreift ist eine gute und eine schlechte Nachricht zugleich: Einerseits bedeutet es dass das BGE eben das Potential hat diesen zu überwinden, andererseits aber auch dass ein doch nicht ohne Widerstand möglich sein wird: Dass wir mit großem Widerstand gegen die Einführung eines BGE rechnen müssen. Allen Beteuerungen der reichen Techmagnaten zum trotz, wissen diese Leute sehr wohl dass das hier ans eingemachte geht. Ein Grundeinkommen wird uns also nicht einfach zufallen. Wir müssen es uns schon auch erkämpfen. Und wenn ein Grundeinkommen kommt dann werden die Herrschenden versuchen es so zu gestalten, dass es aller emanzipatorischer Elemente beraubt wurde.
Denn »Im Kern angreifen« heißt natürlich auch noch lange nicht »automatisch überwinden«. Wie schon gesagt: das BGE schafft Bedingungen in den vieles leichte verändert werden kann. Der Kapitalismus selbst ist ein sehr komplexes und anpassungsfähiges System und wie Adorno schon sagte: es gibt nichts Richtiges im Falschen. Anderseits gibt es sehr wohl Wege die uns aus diesem System herausführen können. Das Bedingungslose Grundeinkommen ist einer dieser Wege.
Update 2023: 24 Gründe jetzt uch also Videos¶
Initial Version: 2021-12-01 bis 2021-12-24 Last change: Dec 02, 2023